Auswirkungen von Vielfalt und Bewirtschaftungsstrategien auf die Waldentwicklung
Extreme Wetterereignisse wie die Trockenjahre 2018, 2019 und 2022 bedrohen die Gesundheit und damit die Ökosystemfunktionen der Wälder Mitteleuropas. Von der Rotbuche (Fagus sylvatica) nahm man lange an, dass sie weniger vom Klimawandel betroffen ist als einige andere Baumarten, doch auch sie wurde durch diese Dürreperioden erheblich geschädigt.
Allerdings unterscheiden sich einzelne Bäume innerhalb der Bestände deutlich in ihrer Trockenresistenz, was auf eine unterschiedliche genetische Konstitution hindeutet und durch eine kürzlich durchgeführte genomische Studie belegt wurde. Da die Buche während der gesamten Lebensdauer eine große Menge an Samen produziert, wovon nur einige Wenige bis zur Samenreife überleben, besteht ein großes Potential, dass trockenheitsresistentere Genotypen selektiert werden. Besonders in Jahren mit extremen Wetterereignissen sollten Sämlinge mit Eigenschaften selektiert werden, die für die Bewältigung des Stressereignisses relevant sind, so dass künftige Buchenwälder frühsommerliche Trockenperioden besser überstehen könnten.
Darüber hinaus hat die Waldbewirtschaftung starke Auswirkungen auf die strukturelle Komplexität der Bestände, die das Mikroklima beeinflusst und die Klimaanpassung der Buche verstärken oder abschwächen kann. Zum Beispiel können junge Buchen unter einem offenen Kronendach einer verstärkten Selektion ausgesetzt sein.
Die hohe genetische Vielfalt in den Buchenwäldern Mitteleuropas bietet eine gute Grundlage für die Selektion zur Anpassung künftiger Wälder. Wir wissen jedoch wenig über die Dynamik dieses Prozesses oder darüber, in welchem Lebensstadium die Selektion am stärksten wirkt.
In TREEvolution wollen wir das genetische Anpassungspotenzial von jungen Rotbuchen an die neuen klimatischen Bedingungen untersuchen. Während sich frühere Studien auf ausgewachsene Bäume konzentrierten, könnte die jüngere Generation bereits besser an Trockenheit und Hitze angepasst sein. Wir werden ein- bis fünfjährige Bäume genomisch untersuchen und sie mit benachbarten ausgewachsenen Bäumen vergleichen, um festzustellen, wie sich die genetische Zusammensetzung der Population über die Jahre ändert und ob mikro- und makroklimatische Umweltbedingungen oder Waldnutzung diese Veränderungen beeinflussen.
Die Ergebnisse von TREEvolution werden Einblicke in die Populationsstruktur und das frühe Selektionsregime der Buche unter natürlichen Bedingungen und unter Berücksichtigung von Bewirtschaftungseffekten geben, was dazu beiträgt zu verstehen, ob und wie sich unsere Buchenwälder momentan verändern und welche Maßnahmen klimaverursachte Schäden reduzieren könnten.
Wir werden Blattmaterial von ausgewachsenen und jungen Bäumen (Sämlinge und Jungbäume) sammeln, Merkmale der gesamten Pflanze und der Blätter (z. B. Pflanzengröße, spezifische Blattfläche) messen und die jungen Bäume für künftige Beobachtungen dauerhaft markieren. Aus dem gesammelten Material werden wir DNA extrahieren und mittelst verschiedener Verfahren, die für große Stichprobenzahl optimiert sind, die Genome repräsentativ sequenzieren (z. B. ddRAD oder lcWGS). Anschließend werden wir mit Hilfe von Bioinformatik und Methoden der Populationsgenetik untersuchen, wie Waldstruktur, Mikroklima, Waldbewirtschaftung und das Jahr der Etablierung die genomische Zusammensetzung der nächsten Generation beeinflussen.