Artenvielfalt und Zusammensetzung mikrobieller Gemeinschaften in Böden von Grünland- und Waldökosystemen entlang von Landnutzungsgradienten
Lebewesen, die kleiner als 100 µm sind, zählen zu den Mikroorganismen. Dazu gehören Bakterien, Archaeen, Pilze, aber auch einzellige kleinere Eukaryoten wie die Protisten. Viren sind nichtzelluläre Partikel, beeinflussen aber vielfach die Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften und werden daher ebenfalls erfasst.
Mikroorganismen (d. h. Archaeen, Bakterien und Pilze) stellen die dominierenden Lebensformen im Boden sowohl hinsichtlich der Biomasse als auch der Biodiversität dar und bilden komplexe funktionelle Interaktionsnetzwerke. Diese mikrobiellen Gemeinschaften werden daher oft als „Bodenmikrobiom“ bezeichnet. Sie erbringen wichtige Ökosystemleistungen wie die Bodenbildung, Steuerung von Nährstoffkreisläufen, Pflanzenernährung, den Schadstoffabbau sowie Gas- und Stoffaustausch mit Atmosphäre und Grundwasser. Diese Schlüsselrollen beruhen auf komplexen Interaktionen zwischen den Bodenmikroorganismen selbst, aber auch zwischen Mikroorganismen und den unter- und oberirdischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften.
Neben standortspezifischen Eigenschaften wie Bodenart und lokalem Klima können auch die Landnutzungsarten und die Landnutzungsintensität wichtige Treiber der mikrobiellen Bodenvielfalt sein. Bisher sind die funktionellen Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und der mikrobiellen Vielfalt im Boden aber nicht ausreichend verstanden.
Dank der Entwicklung von Hochdurchsatz-Sequenzierung und leistungsfähigen bioinformatischen Methoden ist es möglich geworden, die Biodiversität von Bodenmikroorganismen in großem Maßstab zu analysieren und deren Funktion zu ermitteln. Seit Beginn der Biodiversitäts-Exploratorien im Jahr 2006 ist das Kernprojekt 8 für das Monitoring der Biodiversität von Bodenmikroorganismen zuständig.
Während der anfängliche Fokus der Erfassung der pilzlichen Diversität lag, führt das Kernprojekt 8 in seiner aktuellen Phase die Untersuchung aller relevanten Mikroorganismen durch, einschließlich Pilzen, Bakterien und Archaeen und erfasst deren Funktionen. Darüber hinaus werden Viren und Bakteriophagen als wichtiger Treiber des Bodenmikrobioms erfasst.
Die Hauptziele des Kernprojekts Mikroorganismen sind:
- Organisation koordinierter Bodenprobennahmekampagnen (in Kooperation mit Kernprojekt 9). Die nächste Probenahme ist für Frühjahr 2026 geplant.
- Langzeitarchivierung von Bodenproben und extrahierten genetischen Materials (DNA und RNA).
- Langzeitmonitoring zur Biodiversität von Bodenbakterien, Archaeen, Pilzen und deren Funktion in allen 300 EPs sowie in den neu eingerichteten Großexperimenten (FOX, REX I+II, LUX). Darüber hinaus wird die Zusammensetzung von Viren- und Phagenpopulationen erfasst.
- Identifizierung und Charakterisierung von mikrobiellen Schlüsselarten mittels Co-Occurrence-Netzwerkanalysen, gefolgt von ausgewählten metagenomischen Analysen mittels Shotgun-Sequenzierung. Dies wird vertiefte Einblicke in die funktionelle mikrobielle Diversität ermöglichen.
- Identifizierung und funktionelle Analyse des kleinen, aber bedeutsamen Anteils an aktiven Bakterien durch Analyse des rRNA/rDNA-Zahlenverhältnisses. Dies ist von Bedeutung, da die meisten Bodenbakterien inaktiv sind und somit nicht zu Ökosystemfunktionen beitragen.
- Etablierung adäquater Primer und Quantifizierung von Schlüsselorganismen bzw. Schlüsselfunktionen mittels quantitativer PCR (qPCR).
- Rekonstruktion mikrobieller Genome und entsprechende Ableitung der mikrobiellen ökologischen Funktionen aus repräsentativen Grünlandflächen (Metagenome).
- Teilnahme an der gemeinsamen zusammenführenden Analyse (Syntheseprojekte) von Daten aus den verschiedenen Fachdisziplinen der wissenschaftlichen Gemeinschaft der Biodiversitäts-Exploratorien.
- Interaktion und Datenaustausch mit Projekten auf internationaler Ebene.
Alle Kernprojekte liefern wichtige Basisinformationen zu Landnutzung, Diversität und Ökosystemprozessen (Langzeitmonitoring). Diese werden den Teil-Projekten in jeder Phase für die Erforschung tiefergreifende Fragestellungen zur Verfügung gestellt.
Service-Leistung der aktuellen Phase
In der 7. Phase (2023-2026) stellt das Kernprojekt 8 folgende Service-Leistungen/Basisuntersuchungen zur Verfügung:
- Organisation von koordinierten Bodenprobennahmekampagnen 2023 (in Kooperation mit Kernprojekt 9).
- Pilotbeprobung der neuen Ackerflächen im Frühjahr 2024 (in Kooperation mit Kernprojekt 9).
- Hinterlegung und Langzeitlagerung (-80°C) von Bodenproben aus koordinierten Bodenprobennahmen und den Großexperimenten (FOX, REX I+II, LUX) zur anschließenden Analyse. Teilproben können für zukünftige Arbeiten in den beitragenden Projekten bereitgestellt werden (kleine Mengen für molekulare Arbeiten).
- Standardisierung von Extraktionen des genetischen Materials sowie adäquater bioinformatischer Techniken nach der Hochdurchsatz-Sequenzierung. Optimierte Standards werden auch den Teilprojekten zur Verfügung stehen.
- Extraktion und Lagerung von genetischem Material (sowohl DNA als auch RNA) aus allen EP-Plotproben aus koordinierten Bodenprobennahmekampagnen und den Großexperimenten (FOX, REX I+II, LUX), die den Teilprojekten zur Verfügung gestellt werden können.
- Bereitstellung von Diversitätsdaten zu Bodenmikroorganismen (Archaeen, Bakterien und Pilze) und Viren und von Informationen zu mikrobiellen Funktionen.
- Sequenzierung (Illumina, PacBio) von Probenmaterial von Teilprojekten.
- Schulung und Unterstützung der Mitglieder von Teilprojekten zu molekularen Techniken und Bioinformatik im Rahmen von modernen Hochdurchsatz Sequenzierungstechniken.
Service-Leistungen vergangener Phasen
- Bereitstellung von Diversitätsdaten zu Bodenpilzen. Wir haben bereits Listen von Amplikon-Sequenzvarianten (ASVs) oder operationellen taxonomischen Einheiten (OTUs) von Boden- und arbuskulären Mykorrhizapilzen für die Probennahmekampagnen 2011, 2014 und 2017 in allen EPs in die zentrale Datenbank BExIS eingestellt. Diese Daten wurden in zahlreichen Synthesepublikationen zum Zusammenhang zwischen Landnutzungsintensität, unter- und überirdischer Biodiversität und Multifunktionalität von Ökosystemen verwendet.
- Bereitstellung von DNA-Extrakten aus Bodenproben koordinierter Bodenprobennahmekampagnen (2008-2023) an alle interessierten Teilprojekte.
- Quantifizierung von Schlüsselorganismen mittels quantitativer PCR (qPCR) (2008-2017).
Core 8-Daten wurden verwendet, um:
- zu analysieren, inwieweit die Unterschiedlichkeit von mikrobiellen Gemeinschaften in Waldböden von der geographischen Distanz (sog. distance-decay) in ganz Deutschland abhängt und inwieweit die mikrobielle Diversität in der Bodenwurzelzone abhängig ist von den Baumarten (Goldmann et al. 2016. Scientific Reports, 6(1), 1-10).
- die raumzeitliche Variabilität von arbuskulären Mykorrhiza in Grünlandflächen aufzudecken (Goldmann et al. 2020. Environmental Microbiology, 22(3), 873-888).
- die raumzeitliche Variabilität nitrifizierender Bodenbakterien und deren Interaktionen zu entschlüsseln (Stempfhuber et al. 2017).
- zu zeigen, dass im Grünland die unterirdische Biodiversität, im Gegensatz zur oberirdischen Biodiversität, positiv mit einer Zunahme der Landnutzungsintensität einhergeht (Goßner et al. 2016. Nature, 540(7632), 266-269).
- zu zeigen, dass für die Multifunktionalität von Ökosystemen Biodiversität auf mehreren Ebenen erforderlich ist (Soliveres et al. 2016. Nature, 536(7617), 456-45) und seltene Arten die Multifunktionalität von Grünland beeinflussen (Soliveres et al. 2016. Nature, 536, 456-459).
- den Anteil aktiver Bodenbakterien zu identifizieren (mittels rRNA/rDNA-Zahlenverhältnissen) und deren Beitrag zur Bodenfunktion zu analysieren (in Vorbereitung).
- Schlüsseltaxa zu identifizieren und charakterisieren durch Netzwerkanalyse (in Vorbereitung)
- die Virenpopulationen im Boden zu charakterisieren (in Vorbereitung)
- Funktionelle Fingerprints der Böden in Abhängigkeit der Landnutzungsintensität zu erstellen (in Vorbereitung)