Ausweitung von Biodiversitäts-Ökosystemfunktionen auf reale Landschaften
Typischerweise konzentriert sich die Forschung zu Biodiversitäts-Ökosystem-Funktionen (BEF) auf Beziehungen zwischen Biodiversität und Ökosystemfunktionen in experimentellen Lebensgemeinschaften auf lokaler Ebene. Für die meisten Ökosystemfunktionen wird die Rolle räumlicher Biodiversitätsdynamik in realen Landschaften hingegen selten berücksichtigt.
Gegenstand dieses Projekts ist der Test der Hypothese, dass die Ökosystemfunktionen einer Grünlandfläche eines bestimmten Intensitätsgrades höher sind, wenn die Fläche in eine Landschaft mit hoher Biodiversität eingebettet ist. Dies beruht auf zwei Mechanismen: (a) einer schnelleren Erholung der auf der Fläche vorkommenden Biodiversität nach Störungen (z.B. Mahd) als Folge von mehr Wiederbesiedlung und (b) dem Überfluss bzw. Eintrag von mobilen Ökosystem-Dienstleistern (z.B. Bestäubern) aus Umgebungen höherer Diversität. Diese Hypothesen werden getestet anhand der Synthese vorhandener Daten mit solchen aus neuen Biodiversitätserfassungen in den Gebieten, die die Experimentalplots der Biodiversitäts-Exploratorien umgeben.
Die Effekte anderer Landschaftsmerkmale (z.B. Landschaftskonnektivität, umliegende Landnutzungsintensität sowie funktionale Zusammensetzung) werden ebenfalls untersucht. Die in den Tests dieser Hypothesen generierten Modelle werden anschließend zur Hochskalierung der Artenvielfalt Ökosystem-Beziehungen auf die Landschaftsskala verwendet werden; hierzu wird eine Kombination von geografischen Informationssystemen und statistischen Simulationen genutzt werden. Dies wird es uns ermöglichen, die Auswirkungen von Veränderungen in der räumlichen Konfiguration der Diversität und Landnutzungsintensität innerhalb der Landschaft abzuschätzen. Dies wiederum ermöglicht es uns, neue Managementstrategien zu identifizieren, welche die Multifunktionalität der Landschaft fördern sowie die Auswirkungen künftiger Managementänderungen auf der Landschaftsebene vorherzusagen, so z.B. der weiteren Intensivierung oder der Wiederherstellung der biologischen Vielfalt.
Intensive landwirtschaftliche Methoden haben zu einem starken Rückgang der biologischen Vielfalt geführt. Bisher konzentrierten sich die Studien eher auf die oberirdischen Arten, aber auch im Boden unter den Ackerflächen wimmelt es an Leben. Wir haben untersucht, wie sich verschiedene Aspekte der intensiven Landnutzung auf die ober- und unterirdische biologische Vielfalt auswirken. Unsere Analysen ergaben, dass die Intensivierung der Landnutzung sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die ober- und unterirdische biologische Vielfalt hat. Die lokale Landnutzungsintensität wirkte sich stark und negativ auf oberirdische trophische Gruppen aus, hatte aber positive oder neutrale Auswirkungen auf unterirdische trophische Gruppen. Gleichzeitig reagieren sowohl ober- als auch unterirdische trophische Gruppen auf die Landnutzung auf Landschaftsebene, jedoch auf unterschiedliche Faktoren: Die oberirdische Vielfalt des Grünlands wird durch eine vielfältige Landbedeckung in der Umgebung gefördert, während die unterirdische Vielfalt positiv mit einer hohen permanenten Waldbedeckung in der umgebenden Landschaft zusammenhängt. Diese Ergebnisse haben erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Erhaltungsstrategien für Agrarökosysteme, die sich bisher auf die oberirdische biologische Vielfalt konzentriert haben. Da die Reaktion der unterirdischen biologischen Vielfalt nicht die der oberirdischen Vielfalt auf lokaler Ebene widerspiegelt, ist eine umfassendere Sichtweise erforderlich, und es könnten andere Vorgehensweisen notwendig sein, wenn die Vielfalt des gesamten Ökosystems erhalten werden soll.
Le Provost G., Thiele J., Westphal C., Penone C., Allan E., Neyret M., van der Plas F., Ayasse M., Bardgett R., Birkhofer K., Boch S., Bonkowski M., Buscot F., Feldhaar H., Gaulton R., Goldmann K., Gossner M. M., Klaus V., Kleinebecker T., Krauss J., Renner S., Scherreiks P., Sikorski J., Baulechner D., Blüthgen N., Bolliger R., Börschig C., Busch V., Chisté M., Fiore-Donno A. M., Fischer M., Arndt H., Hoelzel N., Jung K., Lange M., Marzini C., Overmann J., Paŝalić E., Perović D., Prati D., Schäfer D., Schöning I., Schrumpf M., Sonnemann I., Steffan-Dewenter I., Tschapka M., Türke M., Vogt J., Wehner K., Weiner C., Weisser W. W., Wells K., Werner M., Wolters V., Wubet T., Wurst S., Zaitsev A. S., Manning P. (2021): Contrasting responses of above- and belowground diversity to multiple components of land-use intensity. Nature Communications 12:3918. doi: 10.1038/s41467-021-23931-1