Biodiversität über Skalen hinweg erkunden
Es ist allgemein bekannt, dass durch die Intensivierung von Düngung und Mähen im Grasland die “Futtermittelproduktion” mit zunehmender Ökosystemleistung zunimmt. Dies passiert jedoch auf Kosten der Biodiversität und anderer Ökosystemfunktionen. Die Fernerkundung ist ein wichtiges Mittel, um bestimmte Pflanzenmerkmale zu kartieren und die Vegetation in groben Maßstäben in funktionelle Gruppen einzuteilen. Aufgrund der räumlichen Diskrepanzen zwischen ökologischen Prozessen und Bewirtschaftungseinheiten in gekoppelten sozial-ökologischen Systemen sind die Auswirkungen der Landnutzung auf die Beziehung zwischen Biodiversität – Ökosystemfunktionen – und Ökosystemdienstleistungen bisher nur begrenzt verstanden. Während zum Beispiel Feldökologen Merkmale auf der Artenskala messen, messen Satelliten Merkmale auf der Pixelskala. Somit stellen Pixel die Inter-Pixel-Varianz statt der interspezifischen Varianz dar. Außerdem können Biodiversität und Ökosystemfunktionen in Raum und Zeit variieren, wobei eine große Anzahl von Faktoren (z.B. Sukzessionsstadien, klimatische Gradienten und Variabilität, Bodeneigenschaften, Landnutzung usw.) die Extrapolation erschweren.
Unser Ziel ist die Verbesserung des mechanistischen Verständnisses der Auswirkungen der Landnutzung auf das Zusammenspiel zwischen Biodiversität – Ökosystemfunktionen – und Ökosystemdienstleistungen. Dazu analysieren wir die Beziehungen zwischen funktionaler und struktureller Diversität, der Ökosystemdienstleistung der Futterproduktion sowie deren zeitliche Variation für drei räumliche Skalen (Parzelle, Hof und Landschaft). Wir werden dies mit der Kombination grundstücksbasierter ökologischer Forschung und Fernerkundungsforschung zur Landnutzungsintensität und zu 5 wesentlichen Biodiversitätsvariablen (EBVs) erreichen: Oberirdische Biomasse (AGB), Netto-Primärproduktivität (ANPP), Blattflächenindex (LAI), Pflanzenphänologie und funktionelle Diversität.
Die von den 5 EBVs während eines vollständigen Jahreszyklus gesammelten Daten ermöglichen es uns, die Futterproduktion zusammen mit der funktionalen Zusammensetzung und Vielfalt über die Saison hinweg auf der Ebene der Teilflächen zu quantifizieren. Gleichzeitig und in Zusammenarbeit mit Core-3 rufen wir Multispektral- und Mikrowellendaten von UAVs und mehreren Satelliten (Sentinel-1 & 2, Landsat-8, MODIS und PlanetScope) ab. Nach einer mehrskaligen Abtast- und Hochskalierungsstrategie verwenden wir Algorithmen des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz, um die Feldinformationen sowohl auf die Satellitenpixel als auch auf einen Landschaftsmaßstab zu skalieren.
Wir stellen die Hypothese auf, dass (i) die fünf EBVs auf mehreren räumlichen Skalen mit Hilfe von multimodalen Satellitenbildzeitreihendaten abgeleitet werden können; und dass (ii) die Auswirkungen der Landnutzung auf das Verhältnis von Biodiversität zu Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen auf verschiedenen räumlichen Skalen variieren. Hier dürfte die funktionelle und strukturelle Vielfalt eine Schlüsselrolle für das Niveau und die zeitliche Stabilität der Futtermittelproduktion spielen.
In unserem Projekt SEBAS haben wir uns bisher mit der ersten Hypothese beschäftigt und konnten einige der fünf EBVs mit Satellitenbild-Zeitreihen erfolgreich hochskalieren. Dafür wurden mehrere Deep-learning Modelle (tiefe neuronale Netze) und Random Forest-Algorithmen mit Vegetationsdaten trainiert und validiert, die vom SEBAS und Botanik Team aufgenommen wurden. Für das Grünland innerhalb der drei Exploratorien wurden gute Vorhersagen zur oberirdischen Pflanzenbiomasse und zum Artenreichtum der Pflanzen erzielt (Muro et al. 2022). Vorhersagen mit Satellitenbild-Zeitreihen ermöglichen es uns auch, die Auswirkungen der Bewirtschaftung über die Vegetationsperiode hinweg zu untersuchen.
Zudem haben wir gute räumliche Modelle zur Vorhersage von Unterschieden in der Pflanzenartzusammensetzung (Beta-Diversität) entwickelt. Im Gegensatz dazu war das Hochskalieren von gemeinschaftsgewichteten Mittelwerten funktioneller Pflanzenmerkmale anhand von Sentinel-2 Satellitenbildern, wie z.B. der spezifischen Blattfläche, des Trockenmassegehalts von Blättern und des Chlorophyllgehalts, nicht erfolgreich. Ein Grund dafür könnte die nicht erfasste Heterogenität innerhalb von Pixeln sein.
Die Feldspektroskopie wurde als eine weitere Fernerkundungsmethode zur Vorhersage der Futterqualität auf Parzellen-Ebene eingesetzt. Diese soll zukünftig destruktive und kostenspielige Messungen ersetzen.
Weitere Informationen zu unseren Ergebnissen können in den Referenzen unter ‘Publikationen’ nachgeschaut werden.