Effekte von Störung und Ansaat auf die Neuformierung von Pflanzengemeinschaften und Ökosystemfunktionen
Das Störungs- und Ansaat Experiment zielt auf die Erforschung unterschiedlicher Fragen ab, die aus wissenschaftlicher, landwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Sicht hochgradig relevant sind. Auf der einen Seite geht es um die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems gegenüber Störungen. Die Resilienz stellt eine wichtige Komponente der Stabilität eines Ökosystems dar. Hierbei wird untersucht, wie schnell das Ökosystem „Grünland“ mit all seinen Funktionen nach einer drastischen Störung wieder in den ursprünglichen Zustand zurückkehren kann und wie sehr die Resilienz von der vormaligen Diversität der Vegetation sowie der aktuellen Landnutzung abhängt. Zum anderen wird erforscht, inwiefern sich der Artenreichtum eines Grünlands durch Einsaat von noch nicht vorhandenen Pflanzenarten erhöhen lässt und wie stark unterschiedliche Ökosystemdienstleistungen dadurch gefördert werden. Dies bezieht sich beispielsweise auf positive Effekte bestimmter Arten auf Ertrag und Futterwert, aber auch auf weitere Funktionen wie Bestäubung oder Kohlenstofffixierung. Die Einsaat erlaubt darüber hinaus abzuschätzen, in welchem Ausmass die gegenwärtige Diversität von Grünländern unterschiedlicher Landnutzung durch eine eingeschränkte Ausbreitungsfähigkeit der Arten limitiert ist. Das Experiment stellt zugleich einen Versuch dar, um landwirtschaftliches Grünland gegenüber Klima- und Witterungsschwankungen potentiell weniger anfällig zu gestalten, denn die experimentelle Zunahme an Arten könnte sich wiederum auch positiv auf die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) des Systems auswirken.
- Wie verhält sich die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems Grünland in Abhängigkeit zu Pflanzendiversität und Landnutzungsintensität?
- Wie lange benötigen Grünland-Flächen mit und ohne Ansaat zu vollständigen Wiederherstellung ihrer gesamten Funktionalität?
- Wie stark ist die aktuelle Vegetation der Grünländer durch fehlende Ausbreitung und fehlende Keimstellen limitiert?
- Welche biotischen, abiotischen und durch die Landnutzung gegebenen Artenfilter beeinflussen die Zusammensetzung der Grünlandvegetation?
- Hat eine experimentell erhöhte Pflanzendiversität positive Effekte auf zentrale Funktionen des Ökosystems wie etwas Resilienz, Nährstoffkreisläufe und Trockenheitstoleranz?
Auf den insgesamt 73 Grünland-Flächen entlang des Landnutzungsgradienten in den drei Exploratorien ist ein Ansaat- und Störungsexperiment (SADE) angelegt worden, bei dem die Verwendung von regionalem (autochthonen) Saatgut und die Störung des Oberbodens vollfaktoriell kombiniert wurden. Durch die Zusammenarbeit zahlreicher Arbeitsgruppen der Biodiversität Exploratorien im Experiment SADE können in den nächsten Jahren zahlreiche ober- wie auch unterirdische Parameter und Prozesse zur gemeinsamen Analyse erhoben werden.
Design
Das Experiment besteht auf jeder Grünlandfläche aus vier 7 m × 7 m großen Teilflächen, auf denen die Faktoren „Störung“ und „Ansaat“ erforscht werden, inklusive einer Kontrollfläche (Abbildung 1). Um die einzelnen Effekte zu trennen, ist nicht nur die Kombination, sondern auch die getrennte Durchführung der Behandlungsvarianten notwendig. Die Ansaat erfolgt mit regional gewonnenem und regionsspezifisch zusammengestelltem Saatgut. Als einzubringender Artenpool wurden die vorliegenden Vegetationsaufnahmen aus den Exploratorien zugrunde gelegt. Es wird dabei auf jeder Fläche einer Region dieselbe Artenmischung verwendet, bestehend aus Gräsern, Kräutern und Leguminosen. Die Artenmischungen unterscheiden sich je nach regionalem Artenpool zwischen den Exploratorien und enthalten 47 bis 66 Pflanzenarten. Die Störung durch Fräsen bzw. Eggen des Oberbodens bis in eine Tiefe von 10 cm setzt die aktuelle Vegetation zurück und schafft offene Keimstellen. So kann die Regeneration des Ökosystems mit und ohne Einbringung zusätzlicher Pflanzenarten beobachtet werden. Weitere Informationen und erste Ergebnisse können der Publikation Klaus et. al 2017 (doi: 10.1093/jpe/rtw062) entnommen werden.
Bisher und zukünftig an SADE beteiligte Arbeitsgruppen:
Botanik, Uni Bern
ESCAPE II, Uni Münster
Crustfunction, Uni Rostock
RootHerb II, FU Berlin
SEBA-RS, FU Berlin
SCALEMIC, Uni Hohenheim
AntAphid, Uni Bayreuth
Microorganismen, UFZ Halle
ForNit, Helmholtz Zentrum München