Ein molekularer Zensus zur Auswirkungen der Landnutzungsintensität auf die Biota in Grünlandböden
Böden sind sowohl die Heimat für vielfältige Lebensgemeinschaften als auch eine bedeutende Ressource für die Menschheit, der sie Nahrungssicherheit und weitere Ökosystemdienstleistungen bieten. Aufgrund ihrer hohen Komplexität gibt es bisher keinen umfassenden Zensus über die organismische Diversität von Bakterien, Archaeen, Protisten, Pilzen, Metazoen und Viren im Boden. Daher lassen sich die Auswirkungen von veränderten Landnutzungsintensitäten (LUI) auf die Bodenmikrobiota nur schwer abschätzen. Tatsächlich gab es bisher keine Methode, um die Diversität, die Abundanz sowie die Zusammensetzung der Bodenmikrobiota und Bodenfauna bei gleichzeitig hoher taxonomischer Auflösung zu erfassen. Die Doppel-RNA-Metatranskriptomik ermöglicht jetzt solche ganzheitlichen Zensus-Studien über mehrere phylogenetische Domänen und trophische Ebenen hinweg, basierend auf ribosomaler und „messenger“ RNA. Wir beabsichtigen eine integrierte molekulare Erfassung von LUI-Effekten auf die Grünlandboden-Biota der Biodiversitäts-Exploratorien.
Das Hauptziel von BE_CENSE ist die Untersuchung der Auswirkungen der LUI auf die Vielfalt der gesamten Grünlandboden-Biota. Aus 150 Standorten sollen Metatranskriptome generiert und mittels rRNA und mRNA die Mikrobiota analysiert werden. Ein solcher ganzheitlicher Ansatz kann einzigartige Einblicke in LUI-Effekte liefern, da potentiell neue Eigenschaften, die sich aus biotischen Interaktionen zwischen Gruppen (z. B. im mikrobiellen Nahrungsnetz) ergeben, erfasst werden könnten. Um diese anspruchsvolle Aufgabe zu bewältigen, haben sich Experten aus der Bodenmetatranskriptomik sowie der Mikrobiologie und Protistologie zusammengetan, um den erforderlichen breiten, methodologischen und wissenschaftlichen Hintergrund bereitzustellen.
Wir werden insgesamt vier komplementäre Hypothesen in zwei Arbeitspaketen (WP) testen. In WP1 wollen wir überprüfen, inwieweit Unterschiede in der LUI zu Änderungen in der taxonomischen Zusammensetzung der Grünlandboden-Biota und insbesondere der Struktur des mikrobiellen Nahrungsnetzes führen. Wir stellen die Hypothese auf, dass eine hohe LUI über z.B. Verdichtung des Bodens in einer geringeren Abundanz und Diversität der Mesofauna resultiert, während Prokaryoten, Protisten und Viren (aufgrund ihrer Größe) nicht betroffen sind. Die verringerte „top-down“-Kontrolle durch größere Organismen wirkt sich auch auf die Zusammensetzung des mikrobiellen Bodennahrungsnetzes aus, wobei sich die Bedeutung und der Einfluss von Protisten, bakteriellen und viralen Prädatoren erhöhen. Eine steigende LUI führt folglich zu einer trophischen Herabstufung („downgrading“) innerhalb des Bodenökosystems.
Darüber hinaus werden wir in WP2 die saisonale und räumliche Dynamik des mikrobiellen Nahrungsnetzes im Ober- und Unterboden untersuchen.
Das Ergebnis von BE_CENSE wird ein beispielloser Überblick der Auswirkungen der LUI auf die Vielfalt funktionaler Gruppen der unterirdischen Biota in Grünlandböden sein.