Waldstruktur: Eigenschaften, Struktur und Bewirtschaftung der Wald-Experimentierplots
Eigenschaften von Wäldern, insbesondere deren Zusammensetzung, Struktur und Produktivität, beeinflussen abiotische, biotische und ökosystemare Prozesse, die Verfügbarkeit von Ressourcen und Lebensräumen und damit potentiell die Biodiversität.
Eigenschaften von Wäldern, insbesondere deren Zusammensetzung, Struktur und Produktivität, beeinflussen abiotische, biotische und ökosystemare Prozesse, die Verfügbarkeit von Ressourcen und Lebensräumen und damit potentiell die Biodiversität. Durch forstliche Bewirtschaftung werden die Eigenschaften von Wäldern mehr oder weniger stark verändert, in Abhängigkeit von der Intensität der forstlichen Eingriffe und dem natürlichen Regenerationsvermögen (Resilienz) der Wälder. Relativ zum aktuellen oder „natürlichen“ Zustand der Wälder, wobei der natürliche Zustand in Zentraleuropa nur annähernd quantifizierbar ist, können forstliche Eingriffe die Struktur von Waldbeständen homogenisieren aber auch heterogener gestalten.
Die Wälder der Exploratorien spannen einen Gradienten hinsichtlich ihrer Entstehung, Baumartenzusammensetzung, Waldentwicklungsphase, Altersstrukturierung, Schichtung und horizontalen Heterogenität. Das Spektrum der bewirtschafteten Wälder reicht von gepflanzten, gleichaltrigen, einschichtigen Nadelholzbeständen (Fichte oder Kiefer) über naturverjüngte, gleichaltrige, ein- bis zweischichtige Laubholzbestände (Buche oder Eiche) in unterschiedlichen Waldentwicklungsphasen bis zu gleichaltrigen, anthropogen bedingten Mischwäldern sowie ungleichaltrigen Buchenwälder. Zudem werden relativ alte, seit einiger Zeit nicht mehr bewirtschaftete Buchen- und Buchenmischwälder untersucht.
Ein Ziel des Kernprojekts Waldstruktur ist es, umfassende Daten zu Eigenschaften und Bewirtschaftung für alle Wald-Experimentierplots bereitzustellen. Die daraus resultierenden Informationen und Kennwerte können als erklärende Variablen innerhalb der funktionalen Biodiversitätsforschung dienen. Im Einzelnen werden (1.) Merkmale der Struktur der Waldbestände einschließlich deren (2.) Veränderung durch Bewirtschaftung und natürliche Prozesse, (3.) die Bestandesentwicklung und Produktivität, (4.) Art und Umfang forstlicher Eingriffe, (5.) die Menge und Zusammensetzung des Totholzes und (6.) das Vorkommen und Häufigkeit von Mikrohabitaten quantifiziert.
Darüber hinaus werden bereits existierende Ansätze zur Quantifizierung der forstlichen Landnutzungsintensität weiterentwickelt um die Beziehung zwischen Waldeigenschaften und forstlicher Bewirtschaftung zu analysieren.
Seit 2019 sind wir zudem im neuen Waldexperiment FOX engagiert, zu dessen Design, Planung und Implementierung wir maßgeblich beigetragen haben.
Inventuren sind häufig die Basis unserer Arbeiten, Wir lokalisieren, zählen und messen also die Zielobjekte, seien das lebende Bäume, Totholzobjekte oder Habitate. Zeitliche Änderungen quantifizieren wir an Hand von Wiederholungsinventuren. Zusätzlich verwenden wir terrestrische Laserscanner.
Wir arbeiten auf allen 150 Experimentierplots im Wald und allen 84 Flächen des Neuen Waldexperiments FOX.
In dieser Phase (6. Phase, 2020 – 2023) ist geplant:
Experimentierplots – EP
- Durchführung der 3. Waldinventur
- Durchführung der 2. Laserscanning-Inventur
- Inventur von Wildverbiss an der Gehölzverjüngung
- Quantifizierung von Waldwachstum, Erntemengen, und natürlicher Mortalität
- Quantifizierung der Dynamik der Waldstruktur
- Quantifizierung der Dynamik der Bewirtschaftungsintensität mit den Indices SMI und ForMI
Neues Waldexperiment – FOX
- Dokumentation der Totholzstämme
- Beprobung der Totholzstämme durch Bohrungen
- Monitoring des Kronenschlusses mit Laserscanning
- Monitoring der Wurzelentwicklung in der Kronenlücke
- Monitoring der Baumverjüngung
Alle Kernprojekte liefern wichtige Basisinformationen zu Landnutzung, Diversität und Ökosystemprozessen (Langzeitmonitoring). Diese werden allen Teil- und Kernprojekten für die Erforschung tiefergehender Fragestellungen zur Verfügung gestellt.
Service-Leistung in der aktuellen Phase
In der 6. Phase (2020-2023) stellt das Kernprojekt Waldstruktur folgende Service-Leistungen/Basisuntersuchungen zur Verfügung. Die zugehörigen Daten sind jeweils in BExIS hinterlegt.
Experimentierplots – EP
- Jährlich aufgelöste Erntemengen für alle Wald-EPs
- Jährlich aufgelöste Bewirtschaftungsintenssität SMI für alle Wald-EPs
- Kronenschlussgrad, Waldstrukturmaße und deren Dynamik aus terrestrischem Laserscanning für alle Wald-EPs
- Stammverteilungspläne mit Angaben zu Baumart und Baumdimension für alle Wald-EPs
- Bestandeseigenschaften, Waldstrukturmaße, Baumartenzusammensetzung und deren Dynamik auf der Basis der 3. Waldinventur
- Waldwachstum, Ernte und natürliche Mortalität für die Periode zwischen 2 und 3. Waldinventur
- Dichte und Zusammensetzung der Baumverjüngung für alle Wald-EPs
- Vermittlung und Aufbereitung von BE-Daten für internationale Projekte (Bottoms-Up, Global Forest Biodiversity Initiative).
Neues Waldexperiment – FOX
- Stammverteilungspläne mit Angaben zu Baumart und Baumdimension für alle FOX-Flächen
- Baumart, Baumdimension und Koordinaten experimentell eingeschlagener Bäume
- Bestandeseigenschaften, Waldstrukturmaße und Baumartenzusammensetzung für alle FOX-Flächen
- Größe des Gaps aus terrestrischem Laserscanning für FOX G und GD Flächen
- Herkunft und Ablageort der ausgebrachten Totholzstämme für FOX D und GD Flächen
- Volumen der ausgebrachten Totholzstämme für FOX D und GD Flächen
- Dichte und Zusammensetzung der Baumverjüngung für alle FOX-Flächen
- Biomasse und Zusammensetzung der Wurzeln bis 30 cm Tiefe
Service-Leistungen vergangener Phasen
Das Kernprojekt Waldstruktur ist seit 2014, 4. Phase, Teil der Biodiversitäts-Exploratorien. In der 4. und 5. Phase stellte das Kernprojekt Waldstruktur folgende Service-Leistungen/Basisuntersuchungen zur Verfügung.
- Harmonisierte Waldtypisierung
- Bestandesalter aller Wald-EPs
- Kronenschlussgrad und Waldstrukturmaße auf der Basis von Laserscanning aus der Luft und terrestrischem Laserscanning.
- Komplettierung der 1. Waldinventur auf 22 Wald-EPs
- Bestandeseigenschaften, Waldstrukturmaße und Baumartenzusammensetzung auf Basis der 1. und 2. Waldinventur in der 2. bzw. 4. Phase der Exploratorien
- Dichte und Zusammensetzung der Baumverjüngung für alle Wald-EPs
- Waldwachstum, Ernte und natürliche Mortalität für die Periode zwischen 1. und 2. Waldinventur
- Volumen-Produktivität aller Wald-EPs
- Daten zum Wildverbiss von Jungpflanzen
- Totholzmenge und Totholzzusammensetzung auf der Basis zweier Totholzinventuren für alle Wald-EPs
- Abundanz und Diversität von Mikrohabitaten auf der Basis einer Mikrohabitatinventur für alle Wald-EPs
- Forstliche Bewirtschaftungsintenssität gemessen durch die Indices SMI und ForMI und deren Dynamik für alle Wald-EPs
- Design des FOX-Experiments
- Waldinventur der FOX-Flächen
- Planung des Lochhiebes und der Totholzanreicherung
Wir fanden, dass die unterschiedliche Bewirtschaftung von Wäldern einschließlich der Stilllegung von Wirtschaftswäldern, das Waldwachstum, die Waldstruktur und die Biodiversität unterschiedlich beeinflussen. Dabei trat auch Überraschendes zu Tage.
Unser wichtigstes Ergebnis ist der positive Effekt einer vielfältigen Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität von Waldlandschaften. Diese positiven Wirkungen auf die Biodiversität beruhen maßgeblich auf den durch unterschiedliche Waldbehandlungen erzeugten unterschiedlichen (Umwelt)Bedingungen in Wäldern, z. B. durch unterschiedliche Baumartenzusammensetzungen oder unterschiedliche Waldentwicklungsphasen (Ehbrecht et al. 2019), die jeweils spezifischen Artengemeinschaften Lebensraum bieten. Diversität der Waldbewirtschaftung führt also zu biotischer Diversität (Ammer et al. 2017, Heinrichs et al. 2020).
So zeigten Waldlandschaften aus Buchen- und Kiefern-Reinbeständen einen höheren Artenreichtum als die jeweiligen Reinbestands-Landschaften und zusätzlich auch als Buchen-Kiefern-Mischbestände für Pflanzen und Flechten (Heinrichs et al. 2019) und andere Artengruppen. Im Vergleich von Waldbewirtschaftungssystemen ergab sich, dass die Heterogenität zwischen jungen und alten Entwicklungsphasen im sogenannten Altersklassenwald (d. h. ein System das sich aus mehreren Beständen zusammensetzt, die sich im Alter zwischen den Flächen unterscheiden, deren Bäume innerhalb einer Fläche aber gleichalt sind) für die Biodiversität vieler Artengruppen, z.B. Vögel, Käfer, Spinnen, Pflanzen und Flechten, wichtiger ist als die kleinflächige Heterogenität in sogenannten Plenterwäldern, das sind Wälder in denen Bäume jeden Alters intensiv gemischt sind (Schall et al. 2018a). Erst wenige Jahrzehnte aus der Nutzung genommene Wälder trugen nur ausnahmsweise zur biotischen Bereicherung der Waldlandschaften bei (z.B. Totholzpilze), während das Gros der Arten, die sogenannte Multi-Diversität, von einem hohen Anteil an Altersklassenwäldern profitiert (siehe Abb. 1, Schall et al. 2020). Die noch geringe Wirkung noch nicht lange aus der Nutzung genommener Wälder auf die Biodiversität ist näher betrachtet allerdings nicht überraschend, befinden sich diese Wälder doch zumeist noch in der Optimalphase mit noch hohen Zuwächsen von 7 m³ ha-1 Jahr-1, einem komplett geschlossenen Kronendach und einer homogenen Vertikalstruktur (Schall et al. 2018b). Diese Einheitlichkeit wird sich erst mit der Zeit oder durch Störungen auflösen und dadurch die für die Biodiversität offenbar sehr förderliche Diversität der abiotischen Bedingungen erzeugen.
Die modulierende Wirkung von Hiebseingriffen zeigte sich auch im Zeitverlauf. So wiesen Wirtschaftswälder nur bei höherer Eingriffsstärke keine Abnahme der Diversität von Arthropoden auf, die sonst in den Wäldern wie im Grünland beobachtet wurde (Seibold et al. 2019, Extended Data Fig. 4).